Betreiberpflichten für Aufzüge in Privathäusern Ja oder Nein?
Wer in einem Einfamilienhaus einen Aufzug hat oder ihn plant, fragt sich oft: "Bin ich verpflichtet, Wartung und Prüfungen durchführen zu lassen und einen Notrufvertrag abzuschließen – oder nicht?" Die Antwort ist komplex, denn sie hängt vom jeweiligen Bundesland ab.
Gesetzliche Grundlage: Die Musterbauordnung und ihre Auslegung
Die Musterbauordnung (MBO) enthält in §85 Absatz 5 einen sogenannten Ermächtigungsparagraphen. Dieser erlaubt es den Bundesländern, per Rechtsverordnung festzulegen, ob Aufzüge in rein privat genutzten Gebäuden wie zum Beispiel im Eigenheim unter die Regelungen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) und der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) fallen – auch wenn dort keine Arbeitnehmer beschäftigt sind und keine gewerblichen Zwecke verfolgt werden. Die Umsetzung erfolgt unterschiedlich: Manche Länder regeln dies direkt in ihren Landesbauordnungen (LBO), andere über separate Durchführungsverordnungen.
Übersicht: Welche Bundesländer verlangen Betreiberpflichten?
Keine Betreiberpflicht | Betreiberpflichten gelten | |
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In diesen Bundesländern gelten keine Betreiberpflichten für Aufzüge in rein privat genutzten Gebäuden: | In folgenden Bundesländern müssen Betreiber die Anforderungen aus ProdSG und BetrSichV, also Betreiberpflichten, erfüllen: | |
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Das bedeutet: In den Ländern mit geltenden Betreiberpflichten sind regelmäßige Prüfungen durch eine ZÜS (Zugelassene Überwachungsstelle), Instandhaltung und eine funktionierende Zwei-Wege Kommunikation zu einer ständig besetzten Stelle für den Notruf verpflichtend – auch im Einfamilienhaus. Zwei-Wege bedeutet, dass sowohl aus der Kabine heraus als auch in die Kabine hinein übertragen werden kann.
Aber: Unabhängig vom Bundesland ist eine Notrufeinrichtung Pflicht für neue Aufzüge
Bauen Sie einen neuen Aufzug in Ihr Haus ein, müssen Sie beachten, dass er technisch mit einer funktionierenden Notrufeinrichtung ausgestattet sein muss – egal, ob Sie im laufenden Betrieb die Betreiberpflicht des Notrufs erfüllen müssen oder nicht. Denn unabhängig von der Landesregelung gilt: Beim Inverkehrbringen eines Aufzugs ist ein Fern-Notrufsystem Pflicht. Die europäische Aufzugsrichtlinie (ARL) 2014/33/EU unterscheidet nicht zwischen privat und gewerblich. Sie fordert eine Notrufeinrichtung.
Schindler liefert daher alle Aufzüge mit einer Notrufeinrichtung aus und prüft deren Funktion – vom Alarmknopf bis zur Schnittstelle zur Fernverbindung (z. B. per Mobilfunk). Diese Prüfung wird dokumentiert.
Was passiert, wenn keine Zwei-Wege-Aufschaltung für die Notrufeinrichtung erfolgt?
Wenn der Hauseigentümer bzw. Betreiber keine Fernverbindung (z. B. per Mobilfunk) bereitstellt und damit keine Aufschaltung auf eine ständig besetzte Stelle wünscht, hängt die Konsequenz davon ab, ob das jeweilige Bundesland die BetrSichV auch auf rein privat genutzte Gebäude anwendet. In Bundesländern mit Betreiberpflicht in rein privat genutzten Gebäuden wird spätestens bei der Prüfung vor Inbetriebnahme (PvI) durch die ZÜS bemängelt, dass keine Zwei-Wege Kommunikation möglich ist – und die Betriebserlaubnis wird verweigert. Zudem wird dort die Zwei-Wege-Kommunikation jährlich durch die ZÜS geprüft – bei der Hauptprüfung alle zwei Jahre sowie bei der Zwischenprüfung dazwischen.
Fazit
Betreiberpflichten für Aufzugsanlagen in rein privat genutzten Gebäuden werden über die Bauordnungen bzw. über separate Durchführungsverordnungen der Länder geregelt.
Private Hauseigentümer sollten sich frühzeitig informieren, ob ihr Bundesland Betreiberpflichten in rein privat genutzten Gebäuden vorsieht. Unabhängig davon gilt: Eine Notrufeinrichtung ist beim Einbau eines Aufzugs immer Pflicht.
Bei Fragen zur Betreiberpflicht, konkreten Umsetzung oder Nachrüstung eines Zwei-Wege-Notrufsystems berät Schindler Sie gerne unverbindlich – sprechen Sie uns an!